Steht man heute im Tävsmoor, versetzt sich aber in Gedanken in die Vergangenheit vor 12.000 Jahren, so sieht man um sich herum Geröll, Sand und Wasser. In Richtung Nordost kann man gerade noch am Horizont den äußersten Gletscher der Eiszeit sehen.
Im Gebiet des heutigen Kreises Pinneberg gibt es keine Bäume, gar keine Pflanzen. Im Nordosten, kurz über dem Horizont, bei Norderstedt, könnte man eine weiße Hügelkette sehen. Das ist das westliche Ende der Gletscher, die aus Skandinavien kommen. Norderstedt ist nur 15 Kilometer Luftlinie weg. Und die Gletscher sind einige hundert Meter hoch. Das ist bei klarem Wetter gut zu sehen.
Da auch während der Eiszeit Sommer und Winter sich abwechseln, schmilzt im Sommer Eis, das Schmelzwasser fließt durch die Landschaft. Es gräbt immer neue Bach- und Flussbetten, Schotter und Kies werden verlagert, manchmal größere Steine. Die ganz großen Steine liegen hier schon zehntausende Jahre länger. Denn die vorherige Eiszeit ging wesentlich weiter nach Südwesten. Bei der vorletzten Eiszeit lagen auch über diesem Gebiet hunderte Meter Eis. Darin waren die großen „Findlinge“ eingepackt und blieben beim Schmelzen zurück. So die Ausgangslage für das Tävsmoorgebiet: Sand, Steine, Geröll und keine Vegetation.
Man kann sagen, dass die Eiszeit abrupt endete. Experten haben aus den Meeresablagerungen erkannt, dass innerhalb drei Jahrhunderten die Jahresdurchschnittstemperatur um vier Grad gestiegen ist, der Gletscherrand schmilzt bis nach Schweden hinweg. Vier Grad sind viel, in der aktuellen politischen Diskussion geht es um eine zwei Grad Grenze, nicht um vier Grad.
Fünf Jahrtausende später, also vor 7.000 Jahren war der Erlenbruchwald der Haupttorfbildner (9.500 bis 5.500, das Atlantikum). Während es wärmer wird, wandern Bäume aus dem eisfreien Frankreich und auch aus der Gegend der heutigen Nordsee in das Gebiet ein. Hier entstanden wieder feuchte Wiesen und Erlenwälder, so ähnlich wie heute.
Im Subboreal, somit in der Zeit von vor 5.500 bis vor 2.500 Jahren, entsteht der sogenannte Schwarztorf. Die Torfmoose haben die Landschaft übernommen. Es wachsen keine Bäume mehr, es ist nasses Moor entstanden. Der Torf aus dieser Zeit ist dunkel, daher seine Bezeichnung als Schwarztorf.
Wo keine Strömung war, im ebenen Gelände, begann Torfmoos zu wachsen. Immer höher. Das abgestorbene Torfmoos verfaulte nicht, da das Torfmoos Säure abscheidet, die eine Zersetzung erschwert. Außerdem hält es das Wasser, so dass die alten Stängel luftdicht unter Wasser verpackt sind. Auch Erlenwurzeln werden so konserviert. Schicht für Schicht, in etwa drei Meter Torf haben sich in den Jahren hier aufgeschichtet. Bis zu drei Meter über dem Boden, auf dem wir jetzt stehen.
Bei 2.500 Jahren entsteht Weißtorf. Der ist lockerer und heller als der Schwarztorf. Das liegt daran, dass er weniger zersetzt ist, weniger „verkohlt“.
Mit der Weißtorfbildung ist die Erzählung fast schon bei heute angekommen. Vor zwölftausend Jahren war die Eiszeit zu Ende, seit der Mitte der Zeit haben sich hier Torf und Moor gebildet. Erst vor dreihundert Jahren, mit Beginn des systematischen Torfabbaus, verschwinden die Moore aus der Schleswig-Holsteinischen Landschaft.
Der Torf wurde von den Menschen aus Appen, Heist und Haselau abgebaut, getrocknet und verbrannt. In den späteren Jahrzehnten sogar bis nach Hamburg als Brennmaterial exportiert. Die Landschaft veränderte sich. Erst wurde dem Moor durch handgegrabene Gräben das Wasser entzogen, dann der Torf abgebaut. Später entstanden Wiesen und Weiden auf den abgetorften Teilen.
Die Reste von der Torflandschaft, dem Moor, werden heute als Naturschutzgebiet gewürdigt. Es sind nur noch Reste. Ungefähr 5% der Schleswig-Holsteinischen Moorflächen sind geblieben, eigentlich alle so verändert wie hier im Naturschutzgebiet zu erleben.